weitere 17 Jahre später.....

   

Der 2. Teil meines tätowierten Lebenslaufes endete, soweit ich mich erinnere, mit Danke, danke, danke.....

Dieser wurde in Schwendi geschrieben, wo Herbert, Jack und ich lebten.

 

Ich habe damals in Schwendi den Hausknecht gespielt, gekocht und was sonst noch so anfiel.

Als wir alle noch in Hamburg wohnten, waren unsere Rollen anders verteilt. Jack kümmerte sich um das Essen (er war ein sehr guter Koch). Zum „Saubermachen“ kam immer Kurt Wutzdorf, der auch viel tätowiert war. Herbert und ich verbrachten unseren Tag im Hamburger Berg im Tätowierstudio.

Zu der Zeit, als ich auch nach Schwendi zog, ging es Jack gesundheitlich nicht mehr sehr gut. Deshalb war ich wohl als „Mädchen für alles“  sehr willkommen. Ich kümmerte mich überwiegend um das Essen, putzen usw.

 

 

 

Nachdem Jack gestorben war, beschäftigte sich Herbert meist mit seinen Prozessen (div. Prozesse gegen Handwerker, div. andere Pers. und später gegen Ernst-Günter).

Mit der Tätowierszene hatten wir kaum Verbindung. Der Einzige war Inhelder, der auch in der Schweiz, aber weiter weg, wohnte. Dieser Inhelder hat versucht durch eine Zeitschrift alle Tattoo - Freunde zu verbinden und Bekanntschaften zu erreichen und zu fördern.

 

1984 hat dann Ernst Günther das Geschäft übernommen.

 

Herbert hatte sich inzwischen einen neuen Freund Adolf Rocksien zugelegt. Adolf war ein ehemaliger Seemann, sehr sparsam und an sich ein lieber Mensch. Er wohnte in Hamburg, Nähe Holstenstraße. Es war eine 3 Zimmerwohnung, so daß auch für Herbert und mich bei unseren Hamburg - Besuchen Platz war.

Bei Ernst-Günter konnten wir nicht mehr wohnen, da Herbert sich mit diesem verkracht hatte und mit ihm auch prozessierte.

Nun, Adolf war Krebskrank und starb bald darauf.

 

Per Testament wurde ich von Adolf Rocksien als Alleinerbe eingesetzt. Dies geschah auf Wunsch von Herbert, da er befürchtete zuviel Erbschaftssteuer bezahlen zu müssen, wenn er als Erbe eingesetzt worden wäre.  Da ich selbst nur ein geringes Einkommen hatte, brauchte ich ja nichts zu versteuern. Als Nachlass gab es die Möbel, eine wertvollere Münzsammlung und ein Sparbuch . Man sprach damals von einem Wert des Sparbuches von ca. 40.000 DM. Herbert hat den Nachlass aufgelöst.

 

Mit Ausnahme von Teilen des Schlafzimmers und einigen Kleinmöbeln habe ich vom Nachlass nichts bekommen.

 

Da ich bei Herbert in dieser Zeit immer mehr abgemeldet war und ich eigentlich nur noch sein Hanswurst war, wollte ich weiterhin nicht mehr mit ihm zusammenleben.

Er versuchte auch, mich in seinen Prozess mit Ernst – Günter einzubinden. Ich sollte Erklärungen und eidesstattliche Versicherungen unterschreiben, bei Dingen, die ich anders in Erinnerung hatte oder gar nicht mehr wusste.

 

Außerdem war es wegen der Verschlechterung meines gesundheitlichen Zustandes für mich sinnvoll wieder nach Deutschland zu ziehen. Ich musste während meines Schwendi - Aufenthaltes immer nach Deutschland fahren, um einen Arzt zu besuchen und meine Medikamente zu besorgen.

 

Über Herrn Sträger, einen Bekannten von Adolf, kam ich zu einer Wohnung bei der Amalie – Sieveking – Stiftung in der Brenner Str. in St. Georg. Dort zog ich zum 1.Nov. 1990 ein.

 

Zu dieser Zeit verstarb auch Adolf. Da meine neue Wohnung noch nicht ausreichend möbiliert war, übernahm ich die Hälfte der Schlafzimmermöbel (Tiroler Bauernstil).

Der restliche Teil der Bauernmöbel hat Herbert seinem Neffen nach Stralsund verschenkt. Damals habe ich Herbert zugesagt, dass nach meinem Ableben die Möbel wieder zusammengeführt werden sollen.

 

 

 Ursprünglich wollte Herbert die Wohnung von Adolf übernehmen, bekam sie jedoch nicht zugesprochen. Er konnte dann aber ebenfalls für seine Hamburg Aufenthalte eine kleine Wohnung im gleichen Hause wie ich mieten.

 

Ich habe mich in meiner kleinen 25 qm Wohnung sehr wohl gefühlt. Sie war hübsch eingerichtet. In dieser Wohnung habe ich dann mehr als 10 Jahre gelebt.

 

Auch für Piercing habe ich eine Schwäche. Bei einem Besuch in Amsterdam bei "Willem van den Berg" habe ich den "Prinz Albert" setzen lassen. Nach einem Jahr habe ich ihn wieder entfernt, da er beim Pinkeln doch störte. Aber die Brustwarzen habe ich selbst durchstochen mit der Ohrlochpistole. Es ging schlecht, aber ich hatte Ringe drin. Bei Klinikaufenthalten musste ich die Ringe zum Röntgen immer heraus nehmen. Das war unpraktisch, da ich sie nur schwer wieder hineinbekam. So habe ich dann lange keine Ringe mehr getragen und habe erst vor einem Jahr von Falko neue Hantel einsetzen lassen. Mit diesen bin ich sehr zufrieden und ich spiele oft damit.

 

An Bekannten habe ich in dieser Zeit nur noch Ernst-Günter, Albert Cornelisen und Herbert Krüger gehabt.

 

Verbindung hatte ich auch zu Albrecht Becker, einem Architekten, der sich selbst tätowiert hatte..... und es noch immer tut. Er hat keine Motive oder Bilder gestochen, die Hauptsache für ihn war das Stechen und Einbringen der Farbe unter die Haut. Egal wie es nachher aussah. Es war nicht mein Stil.

 

Ernst Günter habe ich jeden Samstag besucht und ich war im Geschäft sehr beliebt. So hatte ich zur Szene doch noch Verbindung. Auch ehemalige Kunden von mir haben mich noch besucht. So auch "Andy Krüger", der im Ganzen Gesicht voller Tattoos ist.

 

Mit Herbert Krüger habe ich mich gut verstanden. Er war auch tätowierbesessen wie ich und wir schwärmten davon, auch auf dem Kopf und im Gesicht tätowiert zu sein. Genau wie Karl Örgel, den ich leider nur auf Fotos kennen gelernt habe.

Herbert Krüger besuchte mich fast täglich und wir tranken gemeinsam Kaffee.

Herbert Krüger wollte ja auch immer im Gesicht tätowiert sein. Er hatte durch die Inherlderbriefe einen Mann aus Frankfurt kennen gelernt, der von seinem Freund viel Geld geerbt hatte. Dieser befreundete sich mit Herbert Krüger  an. Beide fuhren dann öfters nach England, wo sich der Reinhold tätowieren ließ. Herbert kam aber immer ohne Gesichtstattoos zurück. Um ihn ein wenig zu ärgern, habe ich mir von Ernst Günter die Flammen auf die Schläfen machen lassen. Herbert war bass erstaunt, als er das gesehen hat. Er hatte mir das nicht zugetraut. Ich war aber froh und glücklich. Wenn Olga noch gelebt hätte, hätte ich mich wohl nicht getraut. Daß meine Hände so voll waren, war schon eine Zumutung für sie. Aber sie liebte mich so sehr, dass sie das wohl oder über in Kauf genommen hat.

 

Herbert Krüger war auch beim mir zu Besuch, als es 1992 bei mir in der Wohnung klingelte und nach dem Öffnen der Tür ein fremder Herr vor mir stand. "Ich bin dein Sohn Manfred" sagte dieser. Ich muß gestehen, ich hatte ihn im ersten Moment nicht erkannt. Ich hatte ihn, mit einer Ausnahme 1973, seit meinem Fortgang in Bad Bellingen, nicht mehr gesehen. Manfred besuchte mich dann öfters und betreute mich anschließend auch ständig bei meinem Klinikaufenthalten.

 

Ohne die Hilfe von Manfred und seiner Familie hätte ich sicherlich mein Magen/Speiseröhrenkrebs wahrscheinlich nicht überstanden. Sie waren mir nach der OP eine wichtige Hilfe, um wieder „auf die Beine zu kommen“.

 

Es bildete sich wieder ein herzliches Vater – Sohn – Verhältnis. Manfred war ja auch zu der Zeit, bevor ich die Familie verließ,  derjenige, zu dem ich bereits damals ein näheres Verhältnis hatte. Er war verständnisvoll und erahnte wohl damals schon, „was mit mir los war“.

 

Ich wurde häufig Sonntags oder zu Festtagen zu ihnen nach Gnutz, später nach Nortorf eingeladen und verstehe mich mit allen sehr gut.

 

Zu meinem Verhältnis zu Herbert Hoffmann will ich nicht mehr viel sagen.

Freunde sind wir nicht mehr. Das liegt im Wesentlichen darin begründet, dass Herbert ein sehr „einnehmendes“ Wesen ist und es nicht zulässt, wenn man Freundschaft nicht nach seinen Maßgaben lebt. Z. B.: Ich war nicht bereit, meine Freundschaft zu Ernst-Günter aufzugeben, nur weil Herbert sich mit ihm verkracht hatte.... oder, bekam mein Sohn Manfred vor ca. 3 Jahren plötzlich eine vorgefertigte Erklärung zugeschickt, in der wir unterschreiben sollten, dass die von Adolf geerbten Schlafzimmer-Möbel sein Eigentum seien und nach meinem Tod wieder an ihn zurückgehen sollten. Wir empfanden diesen Brief als sehr geschmacklos. Manfred hatte sich dann über die wahren Zusammenhänge erkundigt.

Entweder hat Herbert mich betrogen, indem er den Nachlass von Adolf zwar aufgelöst hat, aber nicht an mich ausgehändigt hat, oder er hat das Finanzamt betrogen, indem er eine Schenkung durch mich nicht versteuert hat.

 

Ich war seinerzeit Herbert Hoffmann und seinen Freunden sehr dankbar, dass sie mich mit offenen Armen in Hamburg aufgenommen hatten.

Ich bin aber nicht mehr bereit, Herbert Dienste bei seinen „Machenschaften“ zu leisten. So verstehe ich Freundschaft nicht. Einen Freund kann man nicht kaufen.

 

Nach Herberts Gedankengängen könnte ich auch sagen: Als Gegenleistung für seine Aufnahme bei sich ab 1970 habe ich ihm gegen nur geringes Entgelt 10 Jahre im Studio geholfen, und anschließend zu großen Teilen den Haushalt geführt. Auch wenn man Kost und Wohnung dagegen aufrechnet, ist es alles in Allem ein Gewinn für Herbert.

 

Nun lebe ich frei von diesen Zwängen und kann wirklich das machen, was ich möchte.

 

Ich kann nun sagen:

 

Ich habe den Ring um mich gesprengt (siehe Startseite).

 

 

Nortorf, den 22. April 2004

 

Nachtrag:

 

2003 wurde mir meine kleine Wohnung gekündigt, da die Stiftung das Haus gänzlich umbauen will. Eine angebotenen Ersatzwohnung gefiel mir nicht so recht. So kamen wir auf die Idee, daß ich zu Manfred und seiner Familie nach Nortorf ziehe. So ergab es sich, daß ich am 15. Nov. 2003 mit 2 Autos , meinem ganzen Krempel nach Nortorf gebracht wurde. Dort erhielt ich ein großes Zimmer, das sich auch sehr wohnlich einrichten ließ. Die Schlafzimmermöbel aus Hamburg und der gesamte Ramsch aus dem Keller, der Herbert gehörte, wurden von seinem Neffen abgeholt.

 

Hier bin ich jetzt sehr umsorgt und ich bin froh und glücklich über diese Lösung.